Naturertragspotenzial / Bonitierung
Unter Bonitierung von Gewässern, im hier verwendeten Sinne, ist eine Bewertung des Ertragspotenzials vor dem Hintergrund oder mit dem Ziel von Fischproduktion (Zuwachs) zu verstehen. Diese Ertragsfähigkeit wird beispielsweise zur Festlegung von Pachtbeträgen oder zur Ermittlung einer optimalen Bewirtschaftungsintensität ermittelt. Im Rahmen von naturschutzfachlichen Untersuchungen ermöglicht die Kenntnis der Bonität eines Teiches einerseits die Beurteilung des wirtschaftlichen Wertes für den Fischwirt sowie andererseits eine Abschätzung des naturschutzfachlichen Entwicklungspotenzials. Der wirtschaftliche Wert kann z. B. zur Bemessung von Ausgleichszahlungen für einen vollständigen oder partiellen Bewirtschaftungsverzicht im Sinne einer Pflege- und Entwicklungsmaßnahme verwendet werden. Das naturschutzfachliche Potenzial ergibt sich vor allem aus dem Wert nährstoffarmer Verhältnisse, die sich häufig bei unproduktiven Teichen finden lassen, aber indirekt auch aus deren häufig vergleichsweise geringem wirtschaftlichen Wert. Somit können in solchen Fällen vom Bewirtschafter eher Zugeständnisse an den Naturschutz erwartet werden, die mit Produktionseinschränkungen verbunden sind.
Der reale Fischertrag, der für bewirtschaftete Teiche regelmäßig vom Bewirtschafter ermittelt wird, ist nur eingeschränkt verwendbar, da er von vielen Faktoren abhängt (u.a. Fischkrankheiten, Fischräuber u. a.) und nicht zuletzt von der Qualität und Intensität der Bewirtschaftung selbst beeinflusst wird.
Die Bestimmung des Naturertragspotenzials ist daher die wichtigste Methode zur Ermittlung der Ertragsfähigkeit. Dabei werden die wesentlichen Nährtiere, das Zooplankton und das Zoobenthos, quantitativ erfasst. Diese Naturnahrung ermöglicht natürlich direkt einen gewissen Zuwachs an Fisch, sie erlaubt darüber hinaus aber auch das Zufüttern von preiswerten jedoch hinsichtlich der Nährstoffzusammensetzung relativ einseitigen Futtermitteln (Getreide). Ohne die Naturnahrung findet eine ungenügende Verwertung des Futters statt, was dessen Nutzung uneffektiv macht und den wirtschaftlichen Wert des Teiches mindert.
Neben der direkten Ermittlung der vorhandenen Naturnahrung dienen weitere Parameter der Wasser- und Sedimentbeschaffenheit zur Abschätzung der Produktivität. Eine besondere Bedeutung haben dabei alle Parameter, die direkt oder indirekt mit der Trophie, der Grundlage der biologischen Produktion, zusammenhängen: Phytoplanktonbiomasse, Chlorophyllkonzentration, Konzentration anorganischer Nährstoffe aber auch Sichttiefe, ph-Wert oder Karbonathärte. Das Sediment ist Lebensraum für die benthischen Fischnährtiere und stellt gleichzeitig einen wichtigen Nährstoffspeicher dar. Hier dienen ebenfalls die Nährstoffkonzentrationen aber auch die physikalische Beschaffenheit sowie das chemische Puffervermögen als Kriterien für die Bewertung.
Aufgrund der starken Dynamik, denen viele dieser Parameter im Jahresverlauf unterliegen, ist es für belastbare Aussagen in der Regel erforderlich, mehrere zeitlich gestaffelte Untersuchungen mit einem mehr oder weniger umfangreichen Untersuchungsspektrum durchzuführen. Zudem sind auch Teichmorphologie sowie die Ungleichverteilung der Nährtiere (patchiness) zu berücksichtigen.